Schön Kathrin.
Wie der gestrenge Rathsherr so stolz am Hafen stund,
Als ob kein schelmisch Weiberaug’ ihn bethören kund.
Vor der schwarzen Schenke lehnte schön Kathrin,
Und ihren klaren Blicke fielen heiß auf ihn.
»Du wunderschönes Mägdlein, laß mich ein zu dir!
Eh’ ich mit dir gekoset, find ich keine Ruhe hier.«
»»In unserm Hause kehren die Schiffsmatrosen ein:
Wie darf ein strenger Rathsherr in der schwarzen Schenke sein?««
»Und sind bei dir zu Gaste nur Schiffer und Matros:
Du bist wie eine Königin so adlig und so groß!« —
»»Du trinkst aus goldnen Bechern, du schläfst auf seidnem Pfühl:
Hier sind nur irdne Krüge und harte Eichenstühl’.«« —
»In deinen vollen Armen lieg’ ich sanft und weich,
Kein Trank aus goldnen Humpen kommt deinen süßen Küssen gleich.« —
»»Und denkst du an Frau Lisbeth, dein herrisch Ehgemahl?
Sie kann dich besser herzen in ihrem Marmorsaal.«« —
Mein stolzes Weib mag schaffen in Kasten und in Truh’n!
Ich will an deiner weißen Brust, auf deinem warmen Herzen ruh’n.« —
Er kam zur schwarzen Schenke heimlich jeden Tag,
Bis Frau Lisbeth hörte, wie er arger Minne pflag.
»Du böse Teufelsdirne!« hub der Richter an,
»Durch was schwarze Künste hast du berückt den frommen Mann?« —
»»Wie dürft Ihr mich schelten?«« sprach das schöne Weib.
»»Hier mein schwarzes Lockenhaar und mein schneeweißer Leib
Und meiner blanken Augen heiße Liebesbrunst:
Das war all mein Zaubertrank, all meine schwarze Kunst.«« —
»Du hälst es mit dem Teufel, es lügt dein falscher Mund!
Wie hast du sonst bethöret, den nie ein Weib beirren kunnt’?«
Kathrinens rosig Mündlein in lauter Wonne lacht:
»»Wohl war’s ein herzig Kosen in verschwiegner Nacht!
Wer solche Kunst ersonnen, und wär’s der Teufel auch:
Nie wollt’ ich wieder lassen von so süßem Brauch!«« —
Frau Lisbeth in Züchten auf dem Söller Standhaftigkeit
Als der Henker unten die Dirne an den Pranger band.
Und wie der von den Schultern ihr blaues Wämslein nahm,
Und aus der dunklen Hülle der schneeig weiße Nacken kam:
Da wurden viele Augen ihres Glanzes baar,
Und Weherufe tönten aus der Gaffer Schaar.
Von der Ruthe Streichen flossen Ströme roh.
Da streckte sich die Dirne, so bleich wie der Tod.
»»Die du prunkend niederschaust in so stolzer Huld,
Du bist mit deiner Hoffart an all dem Jammer schuld.
Ging’ ich wie du in Sammet und in Goldgeschmeid,
Nie träfe mich so bitter Schmach und Herzeleid!«« —
Der mit der rothen Feder der Büttel trat hervor
Und führte die Arme weit vor das Thor:
Wo sich die Marken scheiden, an den grauen Stein.
»In unsre fromme Hansestadt darfst du nie herein!«
»»— Ade, du reiche Hansestadt, thust so züchtiglich
Und hegst doch hohe Weiber, die ärger sind denn ich.
Ade, mein stolzer Buhle, deine Frau Lisbeth
Wird dich traurig kosen in ihrem kalten Bett!
Du bist ja reich und strenge, du trägst schon noch den Schmerz.
Weil ich so heißer Liebe pflag, bricht mir nun das Herz!««
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Dienstag, 15. September 2009
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