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Samstag, 17. Oktober 2009

Josef Schiller - Die Schranke der Freiheit

Die Schranke der Freiheit (1869)

So wie ein Strom der dunklen Kluft enteilet
Und Segen spendet über Flur und Feld,
So wie der Sturm die dunklen Wolken teilet,
So braust das Wort der Freiheit durch die Welt.

Das Wörtchen »frei« beseelt die schöne Erde,
Denn alles Große fasst dies kleine Wort,
Und nur den Menschen kostet es Beschwerde,
Sie haschen nach dem Worte fort und fort.

Sie kämpfen um das Wort und wenn sie’s haben,
Dann ist es nicht so schön, wie sie gedacht,
Dann sind es nicht die schönen goldnen Gaben,
Wovon sie träumten in vergangner Nacht.

Die Freiheit ist das Höchste hier auf Erden,
Das Beste, was der Mensch sein eigen nennt,
Doch kann die Menschheit dann nur glücklich werden,
Wenn sie die Grenze wahrer Freiheit kennt.

Frei sei der Geist und frei sei der Gedanke,
Doch jeder, der Gedankenfreiheit liebt,
Der muss auch wissen, dass es eine Schranke
Für seinen Willen und sein Handeln gibt.

Doch viele, die hier kämpfen, dulden, ringen,
Sie müssen hilflos oft zu Grunde gehn,
Weil sie die Schranke tollkühn überspringen,
Weil sie das Wörtchen »frei« nicht recht verstehn.

Die Menschen wollen frei und gleich sich nennen,
Die zu einander halten felsenfest,
Und doch will oft der »Herr« den »Knecht« nicht kennen,
Von dem er lebt und den er leben lässt.

Und weil die Menschen in dem Irrtum leben,
Dass einer mehr als wie der andre sei,
Und da sie stets in diesem Glauben schweben,
So werden auch die Menschen nicht recht frei.

Wir müssen alle um die Freiheit ringen
Und müssen uns von Stolz und Neid befrei’n,
Dann wird der Kampf, dann wird der Sieg gelingen,
Dann wird die goldne Freiheit unser sein.

Drum kämpfet von der Wiege bis zum Grabe
Stets auf der Bahn der Freiheit, werdet frei,
Und führt euch auch der Weg zum Bettelstabe,
So wanket nicht und bleibt der Sache treu.

Lernt, frei von Stolz, für wahre Freiheit streiten,
Durch Menschenliebe bringt der Menschheit Licht,
Und wollt ihr nie die Grenze überschreiten,
So haltet fest an Ehre, Recht und Pflicht.

Doch wollt ihr euch ein andres Ziel erstreben,
Und seid ihr für die wahre Freiheit blind,
Wollt ihr nicht menschlich unter Menschen leben,
So geht dorthin, wo keine Menschen sind.

Denn jene Bande, die uns Menschen binden,
So lang es Menschen gibt, bestehen sie,
Ihr werdet sie auf allen Wegen finden,
Kämpft gegen sie, die Bande schwinden nie.

Stürzt alles nieder, tretet es mit Füßen,
Glaubt, was ihr wollt, stürzt jede Obrigkeit,
Ihr werdet dennoch nicht das Glück genießen,
Dass ihr ganz frei und ungebunden seid.

Und schlügt ihr auch die halbe Welt in Trümmer,
Ja, wenn ihr selbst das Edelste verletzt,
Der Freiheit Schranke stürzt ihr nie und nimmer,
Denn diese Schranke heißt Naturgesetz.

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