An die K. R. R*b*s zu D.
(In einem freundschaftlichen Andenkens-Briefe zum neuen Jahr 1797.)
Nimmer vergeß ich das Bild der weiblichen Anmuth und Würde,
Das in Dir ich erblickt, das vor der Seele mir schwebt.
Häusliche Grazie, sie des Lebens süße Gefährtin, –
O ihr köstlich Geschenk giebt sie so Wenigen nur! –,
Mit dem sanften Herzen die frohe Laune, den heitern
Geist des trauten Gesprächs, welches belehrt und erfreut;
Jene natürliche Kunst, die zu dem Größten mit Würde
Jetzt sich erhebt, und jetzt auch das Kleinste verschönt. –
Freundlicher Lebenssinn mit Lebensweisheit gepaaret,
O erreich’ ich dich nie, bleibst du doch ewig mein Ziel!
Nachschrift.
Statt eines Wunsches für Sie, verehrungswürdige Freundin, überreiche ich Ihnen hier einen Wunsch für mich selbst, oder besser, den Vorsatz meines Lebens. Sie entdecken vielleicht darin, wie sehr mein Herz Sie verehrt und leibt. Bleiben Sie uns noch lange, als das schöne Muster jüngerer Frauen. Wir bedürfen eines solchen Musters, und verdienen es auch, wenn wir Willen und Lust haben, zu lernen! – Einen Handkuß von den beiden kleinen Pathen, und Segen von uns Allen über Ihr Haus! –
Abbildung: Eva Gonzalès - Les Pivoines et le hanneton
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