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Raffaello Sanzio – Die drei Grazien |
Das meiner Hand die Nadel überweist;
»Des Dichters Kiel entweih’ ich,« und so fort …
Denn so verachtet ist der Frauen Geist.
Ist, was ich singe gut: es fördert Nichts –
Ihr sagt: sie stahl es, oder Zufall spricht’s.
Die Griechen waren milder doch gesinnt,
Da sie die Neun entlehnt aus unsern Reihn;
Die Poesie war einer Muse Kind,
Den Schwestern musste jede Kunst sich weihn.
Doch solch Gespinnst zerhaut ihr mitleidlos –
Die Griechen waren arge Thoren bloß!
Lasst Griechen Griechen sein, und Frauen Fraun!
Des Geistes Kronen hat der Mann allein;
Vergebens ist’s mit ihm zu kriegen, traun!
Er schafft das Höchste, und wir räumen’s ein.
Dem Vorrang drum in Allem ihm, dem Herrn –
Doch anerkennt auch unsre Leistung gern!
Ihr Federn, deren Flug gen Himmel steigt,
Für jedes Lied gekrönt mit Siegerglanz: –
Wenn euer Aug’ auf dieses Blatt sich neigt,
Gebt mir – den Lorber nicht – den Epheukranz!
Dies schlichte Erz, dem Keiner Ehren zollt,
Macht heller nur erblinken euer Gold!
aus: Lieder- und Balladenbuch amerikanischer und englischer Dichter der Gegenwart, Herausgegeben und übertragen von Adolf Strothmann, Hoffmann und Campe, Hamburg, 1862, S. 105 f.