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Mittwoch, 9. Februar 2011

Su Dung Po - Zweite Fahrt zur Roten Wand


Su Hanchen (Song Dynasty)



Zur Vollmondszeit im Wintermond
Macht’ ich mich aus der Heimat auf,
Um abermals zur Roten Wand zu reisen.
Zwei Freunde gingen mit
Der Weg ging an der gelben Furt vorbei.
Schon fiel der Reiftau, und die Bäume
Sie standen alle kahl von Blättern.
Vom Schatten auf der Erde wandten
Den Blick empor wir auf zum lichten Mond
Und freuten uns an seinem Anblick.
Ein frohes Lied erklang zum Wanderschritt.
Da sprach ich seufzend:
»Zu fröhlichem Beisammensein bedarf’s des Weins,
Und zum Genuß des Weins bedarf’s des Mahls,
Sonst lädt umsonst die schöne Nacht,
Der weiße Glanz des Mondes und der kühle Wind.«


Da sprach der eine Freund
— Wir waren grad in seiner Heimat Nähe —
»Heut’ abend in der Dämmerung
Hob ich mein Netz und hatte einen Fisch
Mit großem Maul und feinen Schuppen,
Fast wie ein Karpfen aus dem Kiefernfluß,
Allein der Wein, der fehlt uns noch.«
Dann ging er in sein Haus und sprach mit seiner Frau.
Die sagte: »Lange schon steht mir ein Krug
Mit altem Wein sorgfältig aufbewahrt,
Damit er dir zuhanden sei,
Wenn du ihn unversehens brauchst.«


So gab’s zum Mahl denn Wein und Fisch.
Dann wanderten wir fort zur Roten Wand.
Des Stromes Wellen rauschten fern,
Vom Ufer hatt’ er sich zurückgezogen.
Die Berge ragten hoch. Der Mond war klein.
Das Wasser war gesunken, und die Steine vorgetreten. —


Wie wenig Tag’ und Monde sind es her,
Seit ich zuletzt an dieser Stelle weilte,
Und wie hat Fluß und Berg sich doch verändert,
Daß fremd und unbekannt die Gegend scheint.


Ich schürzte mein Gewand und stieg empor.
Steil über Felsen ging der Weg,
Und das Gestrüppe diente mir zum Halt.
Die Felsen hockten da, wie Tiger oder Panther,
Und wild wie Drachen krümmten sich die Bäume.
Ich sah dem Nachtkauz in sein steiles Nest
Und blickte nieder in des Flußgotts tiefes Schloß.
Die beiden Freunde wagten nicht zu folgen.
Da tat ich einen lauten Pfiff,
Daß Gras und Bäume zitterten,
Und fern das Echo an des Tales Wand erwachte.
Der Wind erhob sich, und das Wasser rauschte,
Und auch mir ward trüb gespensterhaft zumut,
So daß ich länger nicht mehr säumen mochte.
Ich kletterte hinab und stieg ins Schiff.
Wir hielten auf der Strömung Mitte zu
Und ließen unser Schifflein treiben.
Und wo es hielt, da machten wir die Abendrast.


Die Mitternacht war nicht mehr fern,
Und lange schweift’ mein Blick hin durch die tiefe Stille,
Ein Kranich schwebte einsam her von Osten,
Mit breitem Fittich schnitt er durch die Luft,
Aus schatt’gem Schwanzgefieder
Glänzte weiß die Brust hervor.
Und einen langgezogenen Ruf ließ er ertönen
Und streifte mit dem Flügel unser Schiff,
Als er nach Westen weiterflog.


Nicht lang darauf verzogen sich die Freunde,
Ich selber auch begab zur Ruhe mich.
Da träumte mir von einem Zaubrer
In langem wallendem Gewand,
Der an der Roten Wand vorüberschwebte.


Er grüßte mich und sprach:
»Wie war denn Eure Fahrt zur Roten Wand?«
Ich fragte ihn nach seinem Namen.
Er nickte nur und sagte nichts.
»Ei,« fiel mir ein, »ich weiß es wohl:
Der heute Nacht mit einem Ruf
Bei mir vorbeigeflogen ist,
Warst das nicht du?« —
Der Zaubrer sah mich an und lächelte.
Da wacht’ ich auf.
Ich öffnete die Luke, um nach ihm zu sehn.
Doch war er nirgends zu erblicken.



aus: Chinesisch-Deutsche Tages- und Jahreszeiten, Richard Wilhelm, Eugen Dietrichs, Jena, 1922, S. 75 ff.







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