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Freitag, 11. März 2011

Anna Julia Wolff - Frauenliebe und Leben im XX. Jahrhundert



Frauenliebe und Leben im XX. Jahrhundert
Frei nach Chamisso
von
Anna Julia Wolff
Illustriert von Paul Haase
Verlagsgesellschaft Harmonie, Berlin


I

Seit ich ihn gesehen
Stand es bei mir fest,
Das ist mal ein Dummer,
Der sich kapern läßt.

Und des Nachts im Traume
Schwebt sein Bild mir vor:
Klotzig reich, gemütvoll,
So ein reiner Thor.

Sonst hat nichts Interesse
Momentan für mich,
Und der Männer Flirtkram
Ist mir fürchterlich.

Möchte lieber denken
Still im Zimmer mein:
Wie kannst Du ihn packen?
Wodurch fällt er rein?




II

Er, der Nüchternste von Allen,
Weder böse, weder gut,
Welke Lippen, müdes Auge,
Schlappe Haltung, träges Blut,

Spielt trotz alledem den Flotten,
Und manch holder Brettlstern
Strahlt an seinem Liebeshimmel,
Hell und herrlich, chic, modern.

Wandle, wandle Deine Bahnen;
Mische wahrlich mich nicht ein,
Will ob Deiner Seitensprünge
Weiter auch nicht traurig sein.

Werd ich schließlich nur die Deine,
Kümmert wenig mich der Quark,
Mußt Du auch dafür noch opfern,
Opfern ein’ge tausend Mark.

Will mich freuen dann und jauchzen:
Gott sei Dank! er wird mein Mann!
Mag er mir die Treu’ auch brechen!
Ich thu’s auch — was liegt daran?


III

Ich kann’s nicht fassen, nicht glauben,
Ich fürchtete schon, es wär aus,
Nun führt er doch statt ’ner Reichen
Mich Arme demnächst in sein Haus.

Wie nett war’s, als er gesprochen:
»Geliebter Dachs, sei mein«.
Ich mimte sel’ge Verträumtheit
Und lallte: »Kann es denn sein?«

Und wie im Traum, somnambulisch,
So sank ich ihm an die Brust —
Dann löste sich all die Spannung
In Thränen unendlicher Lust.




IV

Du Ring an meinem Finger,
(Zwei Mille zahle er für ihn),
Ich lasse Deine Brillanten
In allen Farben sprühn.

Bisher, da hatt’ ich nur einen
Mit einem simplen Opal;
Und stand ich vor Friedländers Fenster,
Dann platzte ich jedesmal.

Du Ring an meinem Finger,
Nun hast Du mich erst gelehrt,
Was so ’ne Berliner Pflanze
Wie ich, doch eigentlich wert.

Ich will ihn lieben und nett sein,
Er ist doch ein gutes Tier,
Und will ihn patent behandeln,
Zeigt er sich nobel zu mir.

Du Ring an meinem Finger,
Mein kostbar Ringelein,
Es soll seine nächste Gabe
Ein passendes Armband sein.


V

Helft mir, Ihr Schwestern,
Bei der Toilette;
Auch die Friseuse helfe mit:
Mehr ondulieren!
Tiefer im Nacken!
So, Madam’, nun den Kranz, ich bitt!

Helft mir, Ihr Schwestern,
Durch rouge verscheuchen,
Die Attaquen der letzten Zeit;
Daß ich mit klarem
Teint sie empfange,
Sie, die heut vergehen vor Neid. —

Ist mein Verlobter
Noch nicht erschienen?
Ist sein Auto noch nicht zu sehn?
Laßt mich im Zauber
All meiner Reize
Siegbewußt ihm entgegen gehn. —


Fanget Euch, Schwestern,
Heut seine Vettern,
Macht mit ihnen kurzen Prozeß.
Und nun, Schwestern,
Servus! Addio!
Morgen sitz ich im Norderpreß!






VI

Lieber Mann, du blickest
Mich verwundert an,
Fragst, wie sich die Linie
So verwischen kann.
Komm, setz Dich gemächlich
Mal zu mir hierher;
Freundchen, in sechs Monden
Haben wir ein Jör.

Hab nach Kinderwäsche
Mutter schon gefragt,
Will sie uns spendieren,
Hat sie mir gesagt.
Gab ihr zu verstehen,
Elegant und fein
Daß ein Kinderbettchen
Auch dabei mußt sein. —




Hier, im Fremdenzimmer
Wird das Kind placiert,
Daß uns das Gegnaue
Nicht des Nachts geniert;
Denn solch Babyplärren
Ist halt kein Genuß —
Und — das sag ich jetzt schon,
Hinterher heißt’s: Schluß.



VII

O Du mein Herze, Du meine Lust!
Spreewälderin, da, nimm’s an die Brust.

Solch Püppchen ist doch ein großes Glück,
Na Amme, da, da hast Du’s zurück.

Hätt gern persönlich es genetzt,
Bin leider gar so überhetzt.

Nur die da früh, nur die da spät,
Zu Jours, Diners und Bällen geht,

Nur die Mondaine weiß zumeist,
Was Opferqual der Mutter heißt.

O, wie beneid’ ich doch den Mann,
Den geht das alles garnichts an.

Nun schaut’s mich an, und jubelt und lacht, —
Fi-donc, es hat sich naß gemacht.

O Du mein Herze, Du meine Lust
Spreewälderin, rasch, nimm’s an die Brust.






VIII

So hat ein jähes Ende nun erreicht
Mein Eheglück;
Ich komme von dem Scheidungsschlußtermin
Gradwegs zurück.

Und schau ich rückwärts, was ich wohl verbrach,
Ob’s denn so schwer?
Geliebet hab ich und gelebt,
Mein Gott, was ist da mehr?

Ich zieh mich eine Weile still zurück,
Wie mir’s gefällt,
Dann stürz ich wieder in den Strudel mich
Der tollen Welt.



IX

Wonne meiner Tage,
Meiner Tochter Kind,
Schneid’ge kleine Kröte,
Komm mal her geschwind.
Harr’ der Manicure,
Bin gar knapp an Zeit,
Hab’ für Dich in Eile
Einen Rat bereit.

Rot gefärbt die Haare,
Rouge auf Wang’ und Mund,
War auch ich einst dunkel
Und mein Teint gesund.
Flirtete wie Du flirtst,
Ward wie Du auch Braut;
Und auch Dir winkt einstmals
Leichner für die Haut. —




Eh’ die Manicure
In Aktion jetzt tritt,
Nimm noch schnell fürs Leben
Meinen Rat erst mit:
Will Dein Herz mal sprechen,
Halt es fest im Bann,
Nur das kühle Weibsbild
Unterjocht den Mann!

Bei der Autorin Anna Julia Wolff konnte trotz intensiver Recherchen das Todesdatum nicht ermittelt werden, falls noch Urheberrechte bestehen sollten und Sie RechteinhaberIn sein sollten, bitte wir Sie sich mit uns formlos in Verbindung zu setzen – falls Sie mit der Veröffentlichung nicht einverstanden sein sollten, nehmen wir selbstverständlich den Text sofort vom Server.


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