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Dellex – Sonne, Meer und Möwe(GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Version 1.2) |
Der Sonnenstrahl.
Du weilst nicht allein in dem Königssaal,
Bringst überall Freude und Lust, o Strahl!
Bist Hoffnungsverkünd'ger dem Land und Meer —
Sag', was hat die Schöpfung, das gleich Dir wär'?
Du wallst auf der Flut, und der Ocean lacht,
Du umstrahlst die unzähligen Inseln mit Pracht;
Du umglühest die Schiffe, den flockigen Schaum,
Und erheiterst den Schiffer wie heimischer Traum.
In den heiligen Tiefen vom schattigen Hain
Strömst Du auch die grünen Arcaden hinein;
Die zitternden Blätter erhaschen die Glut,
Und spiegeln wie Funken sich hell in der Flut.
Ich blickt' auf die Berge, — ein Nebel schwebt'
Um die zackigen Höh'n, der sie schwarz umwebt';
Du brachst hervor, und die Nebelnacht
Ward Krone und Purpur voll Glanz und Pracht.
Ich blickt' auf des Landmann's niederes Haus —
Es sah wie umhüllet von Traurigkeit aus!
Doch ein Blick von Dir durch das Gitter bricht,
Und mit Schönheit umstrahlt es Dein magisches Licht.
Du leuchtender Gast, der die Wildniß begrüßt,
Die Wüste erhellt, und den Rosenkelch küßt,
Du verschmäh'st in der Pracht Deines Glanzes es nicht,
Die Ruine zu grüßen mit liebendem Licht.
Du schwebst durch des Domes düsteren Chor,
Da blitzen die Säulen aus Nacht hervor,
Und die Leichensteine mit alten Trophä'n
Sind wie von geschmolzenem Golde zu seh'n.
Und Du wendest Dich nicht von der niedrigsten Gruft,
Wo die Blume sich wiegt in der seufzenden Luft;
Du verscheuchest ihr Grauen wie Träume der ruh',
Auf der Wölbung des Hügels voll Lieb' schlummerst Du.
O Sonnenstrahl, was gibt's, das gleich Dir wär'?
Du Hoffnung der Wildniß, Du Lust vom Meer! —
Nur Eins, das Dir gleicht, ist dem Menschen gewährt,
Der Glaube, deß Licht Alles himmlisch verklärt.
aus: Britannia, Eine Auswahl englischer Dichtungen alter und neuer Zeit, Übertragen von Louise von Ploennies, Mit Originaltext, Verlag der S. Schmerber'schen Buchhandlung, 1843