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Sonntag, 19. Juni 2011

Felix Beran - Der Jude

Judengasse Frankfurt/Main um 1700



Der Jude


Ich sehe dich Jude
Im Prunk deiner Locken.
Ein Fläschchen voll Witz und Heilkraft hängt dir zur Seite.
Ich sehe
Deiner Frauen schmelzende Schönheit im Feuerschmuck harter Steine,
Deines Saales märchenerzählende Pracht,
Deine Kinder.
Du liebst sie wie keiner.
Du weißt,
Immer wieder der Deinen einer
Muß schreiten leiderwählt,
Die Perlen des Spotts um den Nacken.


Ich sehe dich Jude
Vor harte Türen gebückt,
Schimpfgeschlagen das Antlitz,
Die Hände wie irrende Vögel,
Die Zähne ins Geld gehackt,
Mit schwerem Pack ziehst du im Staube der Straßen.


Und ich sehe dich Jude
Am Pfahl,
Ein greller Popanz, den Flammen ein Fraß.


Doch was die Flamme verzehrt, wird zum Licht.
Vor der Bundeslade geht David im Tanz,
Er, der den Goliath schlug.
Auf hohem Berge steht Moses.


Leidvoller!
Dein Bruder ist aufrecht und dreist.
Du gehst gebeugt vom Wissen um die Weite des Weges.


Und Christus ward geboren und ward gekreuzigt!


Jude.
In dir lebt der Funke zum Brand.
Wie sollten sie nicht dich hassen,
Nicht dich zertreten wollen.


Staub an ihrer Sohle,
Prinz vom Stamme der Priester,
Schüre die Flamme,
Vergehe,
Wachse,
Werde zur Säule von Licht!


aus: Felix Beran, Gedichte, Im Rhein-Verlag, Leipzig und Basel, 1921





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