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Franz von Stuck - Pygmalion |
Pygmalion
Nun steht vor mir das Werk vollendet,
Dran ich, beseelt von heilger Glut,
Des Busens Götterkraft verschwendet,
Es sinkt die Hand, der Meißel ruht;
Ich schwelg’ in selges Schaun versunken,
Mich faßt der Freude Überschwang,
Und meine Augen hängen trunken
Am Bilde, das mir selbst gelang.
Dran ich, beseelt von heilger Glut,
Des Busens Götterkraft verschwendet,
Es sinkt die Hand, der Meißel ruht;
Ich schwelg’ in selges Schaun versunken,
Mich faßt der Freude Überschwang,
Und meine Augen hängen trunken
Am Bilde, das mir selbst gelang.
Der Leib, der süße, sonder Hülle
Wie ragt er auf in stolzer Pracht!
Der edlen Glieder strenge Fülle
Bannt jedes Herz mit Zaubermacht:
Es träumt ein wundersüßes Sehnen
Im Aug’, das feucht in Liebe thaut,
Und nie im Lande der Hellenen
Ward noch ein Weib wie dies geschaut.
Seit meiner Jugend frühsten Zeiten
Hat heiße Sehnsucht, ungestillt,
Als Muster der Vollkommenheiten
Gesucht ein holdes Frauenbild;
Ich jagt’ ihm nach auf irdschen Fluren,
Ich sucht’ es hier und sucht’ es dort,
Doch immer nur zerstreute Spuren
Fand ich von höchster Schönheit Hort.
Ich sucht’ es hier und sucht’ es dort,
Doch immer nur zerstreute Spuren
Fand ich von höchster Schönheit Hort.
Nie schmückt, drum meine Wünsche warben,
Vollendung, was im Staube weilt,
Der Reiz der Formen ward und Farben
An viele Leiber rings vertheilt;
Von höchster Schönheit heilgem Glanze
Schaun wir nur stets verirrten Strahl,
Doch nie die reine, volle, ganze,
Niemals des Busens Ideal.
Und mahnend fühlt’ ich in mir tönen,
Der mich beseelt, des Geistes Ruf:
»Wohlan, den Inbegriff des Schönen
Schaff selbst, den nie Natur erschuf!«
Ich gieng an’s Werk; was vor der Seele
Mir stand, vermählt hab’ ich’s dem Stein;
Ich formt’ ein Weib mir sonder Fehle,
Umstrahlt von höchster Schönheit Schein.
Und auf zum Zeus nun meine Hände
Erhebend möcht’ ich brünstig fleh’n:
»O in dies Bild herniedersende
Des Lebens Hauch, des Geistes Weh’n!
Den ros’gen Lippen laß entquellen
Liebreicher Worte süße Fluth,
Laß athmend mir entgegenschwellen
Die Brust, daß Herz an Herzen ruht!«
Er thut es nicht; was ich gestaltet,
Stets bleibt es seelenlos und kalt;
Nie wird, ob’s auch das Herz mir spaltet,
Dies Bild von Leben warm durchwallt;
Ich seh’s: was lebt, wird niemals prangen
Von Mängeln frei im Thal der Noth;
Und Bilder, die dem Stein entsprangen,
Sie sind vollendet, aber todt.
Stets bleibt es seelenlos und kalt;
Nie wird, ob’s auch das Herz mir spaltet,
Dies Bild von Leben warm durchwallt;
Ich seh’s: was lebt, wird niemals prangen
Von Mängeln frei im Thal der Noth;
Und Bilder, die dem Stein entsprangen,
Sie sind vollendet, aber todt.
aus: Albert Möser, Schauen und Schaffen, Neue Gedichte, Verlag von Levy & Müller, Stuttgart, 1881