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Alfons Mucha - Sommer |
Sommermittag.
Und geschmiegt in seiner Wälder Hut
Trägt des Flusses silberblanke Flut
Leichte Kähne auf und nieder.
Hier und da ein Segel leuchtet,
Von dem Regen noch befeuchtet,
Der aus grauer Wolke fiel
Zwischen heitrem Sonnenspiel.
Friedlich tauchen aus dem klaren Spiegel
Rings der Dächer rote Ziegel,
Unter denen wie im Mittagsschlummer
Grau und still die Häusermasse ruht.
Tiefer lenk' ich meine Schritte
Nun hinein ins dichte Schattengrün
Um der Hänge duftend Blühn,
Klein mich fühlend
In der Riesen Mitte,
Die mit dunklen Stämmen stehn
Und mir fremd ins Auge sehn.
Ja, es ist, als ob mich litte
Diese hehre Einsamkeit
Nur als ungeladnen Gast,
Nur zu kurzer Wegerast.
Doch wie sie nun leise flüstern,
Jene Träumer, jene Weisen,
Scheint's, als lob in stillen Kreisen
Uns sich nahe ein Verstehn,
Ja, als ob die Bäume wüßten,
Daß sie mir erzählen müßten,
Was sie hören, was sie sehn.
Und so schreit' ich tief versonnen,
Fern dem heute, nur umsponnen
Von vergangenem Geschehn,
Und getragen vom Bewegen
Der Gedanken, die sich regen,
Wenn sie an des Wissens Grenzen
Und versenkt in fernes Schauen,
Traumverloren untergehn.
Aus: Anna Behrens-Litzmann, Gedichte, Weiß'sche Universitäts-Buchhandlung, Heidelberg, 1920
siehe auch unter der Autorin: ngiyaw eBooks