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Alfons Mucha - Sommer |
Nun sind sie da, die blauen Tage,
Die Tage voll von Glanz und Duft,
Kein Wölkchen schreibt als leise Frage
Ein Warnungszeichen in die Luft;
Kein Sturm droht mehr mit Hochgewittern,
Du brauchst im Traume nicht zu zittern,
Daß dich ein Schlag ins Wachen ruft.
Noch fällt kein gelbes Blatt vom Baume,
Doch fruchtschwer neigt sich Ast zu Ast
Und dorfwärts schwankt vom Feldessaume
Der Ähren hochgethürmte Last.
Rings fettes Grün und Farbenprangen,
Als ruhten Lenz und Herbst umfangen
In selig stummer Liebesrast.
Das webt den Zauber dieser Stunden:
Sie scheinen frei vom irdschen Zoll,
Als hätt das Pendel Halt gefunden,
Als wär der Zeiten Kreislauf voll;
Kein Winter, wähnst du, käm sie rauben -
Das Herz will ewig dauernd glauben,
Was völlig es beglücken soll.
Aus: Das Buch der Sehnsucht, Herausgegeben von Paul Remer, Schuster & Loeffler Verlag, Berlin und Leipzig, 1900