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Georgine Wrba |
Des Weibes Fluch — oder — Der Sieg des Glaubens.
Einst lebte ein Mann im Ungarland
Als Meister Szomory wohlbekannt.
Er wohnte in einem schönen Palast
Und lebte dem Glück ohn’ Ruh und Rast.
Das könnt’ er ohne Müh’ erringen
Mit ganz geheimnisvollen Dingen.
Dem Teufel — so sagten sich alle Leut’ —
Sei er verschrieben in Ewigkeit . . .
Und was er sich wünschte und was er begehrt’,
Ward gleich ihm vom bösen Geist beschert,
Er schwelgte in Reichtum und hielt viel Gesind;
Mit Satans Hilfe gebot er dem Wind
Und machte, wo immer er war bekannt,
Der frommen Ehre zu Spott und Schand.
Doch von den herrlichsten Genüssen
Glaubt’ er einen noch zu missen.
Er rief, kraft seiner dunklen Macht,
Sich den Satan her bei Nacht,
Tat kund ihm eine neue Bitte
In seiner altgewohnten Sitte.
»Hör mich,« sprach er zu dem Geist,
»Was heute mich dich rufen heißt!
Du hast mir im Leben schon viel gegeben.
Ich trinke den Wein der saftigsten Reben,
Habe an Gold und an Reichtümern viel,
Treibe durch dich viel heiteres Spiel
Und reite die schönsten und besten Pferde —
Wähn’ mich oft selbst ein König der Erde.
Eines nur hast du mir nicht beschert,
Du hast mir bis heute die Liebe verwehrt.
Ein Mägdlein schick’ mir, das zuweilen
Mich von der Einsamkeit soll heilen,
Das reich an Schönheit und weiblicher Zier,
Mehr will ich wahrlich nicht von dir!« —
»Wohlan,« sprach drauf sein schwarzer Gast,
»Da du mich stets gepriesen hast
Ob meines Zaubers Wundermacht,
Sei dir auch diese Gunst gebracht.
Der Frauen Schönste will ich rühren
Und sie in deine Arme führen.« —
Darauf verschwand er auf der Stelle,
Alleine blieb der Erdgeselle. —
Der Morgen graute dann alsbald,
Da ritt Szomory in den Wald.
Den allerschönsten seiner Gäule
Trieb er an zu größter Eile.
Und als er kam dem Bach entlang,
Vernahm er lieblichen Mädchensang.
Langsam ritt er durch die Buchen,
Die holde Sängerin zu suchen.
Er sah sie nah dem Wasser stehn —
So herrlich war bald nichts zu sehn.
Lüstern regte sich sein Sinn,
Es zog ihn zu der Schönen hin.
Er naht sich leis ihr mit der Frage:
»Was tut man hier so früh am Tage?« —
»Ich bin des Försters jüngste Maid
Und lieb’ die Waldeseinsamkeit
Drum bin ich jetzt schon auf den Füßen,
Den neuen Morgen zu begrüßen
Und die Vöglein aufzuwecken,
Die alle noch schlummern in den Hecken.
Doch wer seid ihr, mein fremder Held,
Der reitet hier durch Wald und Feld?« —
»Bin ein geschätzter Edelmann,
Es achtet und ehrt mich jedermann,
Mich freut wie dich des Waldes Leben,
Möcht’ drum nach deiner Liebe streben.«
Mit Staunen hörte das die Maid,
In frommer Unschuld sie sich freut.
Noch kannte sie nicht Trug noch List,
Ihr schien der Mann ein braver Christ.
Sie ließ sich in den Sattel heben
In erster Liebe zartem Beben
Und ahnte nichts von seinem Spott,
Den jener trieb mit Mensch und Gott.
Sie gab, was einmal nur im Leben
Die edle Frau hat zu vergeben,
Dem Szomory liebend hin
In weiblich treu ergeb’nem Sinn.
Auf Treue hatte auch sie gebaut
Und nannte sich schon seine Braut,
Als eines Tag’s er zu ihr spricht:
»Kind, ich bedarf jetzt deiner nicht,
Du darfst zurück zum Walde gehn,
Ich komm’ — will ich dich wiedersehn.«
»Wie, du willst mich grausam quälen
Und willst dich nicht mit mir vermählen?«
Schrie das Weib in seiner Not,
»Du zogst mich in der Sünde Kot
Und willst jetzt treulos mich verstoßen,
Nachdem du meine Lieb’ genossen?« —
Darauf Szomory lachend sprach:
»Was weinst du deiner Unschuld nach?
Es wird mein Wille stets geschehn,
Meinem Wunsch kann nichts entgehn!
So warst auch du mir zugesandt
Zu frohem Spiel und losem Tand.
Da rief das Mädchen ihm drohend zu:
»Sandest, elender Sünder du,
Dämonen aus, mich zu verführen,
Magst du nun meinen Fluch verspüren:
Wo qualvolles Höllenfeuer flammt,
Dahin sei zu ewiger Buße verdammt!«
Da sprach Szomory ganz ohne Graus:
»Nun wohl,« in der Hölle da bin ich zuhaus,
Dort schmieden die Geister täglich mein Glück,
Drum möcht aus der Hölle ich nimmer zurück.
Dein Fluch ist mein Wunsch, wie bist du gescheit,
Ich dank dir dafür du liebliche Maid!« —
Solch Schmähung reizt’ der Betrog’nen Haß,
Strafe gebührt dem schamlosen Spaß!
Sie fing aufs neu zu sprechen an
Und drohte also dem Tyrann:
Da du mein gläubiges Herz zertreten,
Will ich zum Gott der Gerechten beten,
Daß er vernichte des Satans Macht,
Der soviel Bosheit dir beigebracht.
Nimmer sollst du an den Gaben
Des Höllengeist’s dich müßig laben,
Auch soll der Himmel dir verwehren,
Was du fürder willst begehren.
Elend sollst du zugrunde gehn
Ob deiner zahllosen Vergehn!
So verfluch ich dich bei Gott
Zu harter Strafe bis zum Tod!« —
Und kaum geendet des Mädchens Spruch,
Ward zur Wahrheit ihr strenger Fluch.
Szomory beschwörte die Geister wohl,
Die aber, teuflischen Zornes voll,
Konnten nicht mehr ihn erretten
Aus des Fluches schwären Ketten.
Bald war vernichtet seine Pracht
Durch eines wahren Gottes Macht.
In Not und Hunger mußt’ verderben,
Der nur als König wollte sterben.
Doch die einst seiner List erlegen,
Wandelte auf eb’nen Wegen.
Ihr schien des Friedens milde Sonne
Im schlichten Kleid der schwarzen Nonne.
So siegt das Gute jederzeit,
Es lebe die Gerechtigkeit!
Aus: Georgine Wrba, Wenn die Seele Worte findet, Vermischte Gedichte, Verlag Aurora, Dresden-Weinböhla, 1918
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