Noch immer strömt herab der Regen,
Und Wolken ballen sich im Thal!
Jetzt hab' ich Zeit zu überlegen,
Was heut schon auf verschiednen Wegen
Sich leise durch die Seele stahl.
Was mag jetzt wohl die Rieke machen?
Ob sie das Haus getreu bewacht?
Ob sie vielleicht mit wildem Lachen
Zu andern sagt: »Weg ist der Drachen!« –
Mir ahnt es, was die Rieke macht.
Noch immer Regen? – Leider! Leider!
Und Rieke? O wie sie stolzirt,
Im allerbesten meiner Kleider
Am Sonntag, wenn zur Hasenheid' er,
Der August, sie und Line führt!
Was für ein Regen! – Leicht errathen
Lässt sich, was sonst die Rieke thut:
Ich seh die Küche voll Soldaten!
Ich seh die Rieke für sie braten,
Und unser Wein schmeckt ihnen gut!
Man raucht in unserm besten Zimmer –
Ha! Wie's in meinem Herzen wühlt! –
Man will auch tanzen – immer schlimmer!
Das Pianino sinkt in Trümmer,
Von rauher Kriegerhand gespielt!
Es klärt sich auf? – Mit moosgem Barte
Der alte Berggreis hat's gesagt.
Auf, ins Gebirg! – Wart, Rieke! Warte!
Dir schreib' ich nächstens eine Karte,
Die sicherlich dir nicht behagt.
aus: Auswahl von Dichtungen Vers und Prosa aus dem Verlag von A. G. Liebeskind in Leipzig, Weihnachten 1892, S. 62 f.